Die Gewerkschaft schafft sich ab, wenn‘s schlecht läuft. Wenn‘s gut läuft auch.
Was ist eigentlich der Ursprung der Gewerkschaften? Um welchen Kampf ging es ursprünglich?
Tief verwurzelt im Denken der Gewerkschaften ist der uralte Kampf Kapital gegen Arbeit. Ist dieser Kampf überhaupt noch zeitgemäß?
Noch sind Gewerkschaften sehr erforderlich – leider!
Überall dort, wo noch Labour (bedürfnisstörende Arbeit) und nicht Work (bedürfnisbefriedigende Arbeit) vorherrscht, wo Arbeitsbedingungen noch prekär, gefährlich, ausbeuterisch und bisweilen menschenverachtend sind, da brauchen wir die Gewerkschaften. Leider! Und Gott sei Dank gibt es diese kraft- und machtvollen Arbeitnehmervertretungen. Naja, dort wo es immer noch notwendig ist, sind die Gewerkschaften eben weder kraft- noch machtvoll. Sonst wäre es ja auch dort schon besser.
Ohne Frage, die Gewerkschaften haben viel erreicht.
Aber haben sie auch das Richtige erreicht? Ja, Arbeitsbedingungen haben sich kontinuierlich verbessert. Durch die stetige Arbeit der Gewerkschaften haben wir auch eine ebenso stetige Lohnentwicklung. Auch dort, wo der Organisationsgrad gleich Null ist und von Tarifverträgen weit und breit nichts in Sicht. Denn natürlich geben die Tarifergebnisse zwischen Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften nahezu überall für das Lohngefüge den Kurs vor. Wo Tarife nicht hinreichen, haben die Gewerkschaften über die Politik durch den Mindestlohn Standards gesetzt.
Wo bleibt der Brückenschlag zwischen Kapital und Arbeit?
Nix, einfach nix weit und breit. Hier treffen wir auf das Totalversagen der Gewerkschaften. Wirkliche Freiheit der Arbeitnehmer kann doch nur dadurch entstehen, dass wir einen Brückenschlag zwischen Kapital und Arbeit anstreben. Davon wollen die Gewerkschaften aber nix wissen. Kein Wunder. Wäre dieser Weg erst erfolgreich beschritten, gäbe es für die Gewerkschaften ja gar keine Daseinsberechtigung mehr.
Wie soll der Brückenschlag denn aussehen?
Warum strebt die Gewerkschaft in ihren tariflichen Forderungen nicht nach Miteigentümerschaft der Arbeitnehmer? Zunächst gehört ein angemessener Teil des Gewinns an die Arbeitnehmer verteilt. Also an diejenigen, die durch ihre Arbeit, ihren Beitrag zur Wertschöpfung erst den Gewinn ermöglichen. Angemessen… ein sehr vager Begriff. Was angemessen ist, ist dann auch wieder dem gesellschaftlichen Diskurs überlassen. Bei uns im Unternehmen sehen wir konkret bis zu 30% als angemessen an. Das hat mit unserer Gesellschafterstruktur und Gesellschaftsform zu tun. Schließlich müssen die Gesellschafter für die Bereitstellung von Kapital eine angemessene Haftungsvergütung als Verzinsung erwarten können. Anderenfalls könnten sie ihr Geld ja auch woanders investieren. Und das Unternehmen muss ja aus dem verbleibenden Gewinn die Zukunftsinvestitionen finanzieren.
Ist eine Risikobeteiligung der Mitarbeiter richtig?
Ja! Schließlich ist ein Gewinnanteil ein Bonus und kein verlässlicher Gehaltsbestandteil. Dazwischen zu trennen ist jedem Mitarbeiter zuzutrauen. Wer das bezweifelt, kann ja sehen wie das hierfür erforderliche Gebäude aus Wissen und Werten den längst überfälligen Eingang in unser Bildungswesen findet. Außerdem ist es keine Risikobeteiligung, denn der Verlust bleibt Privileg des Unternehmers.
Die eigentliche Frage ist:
Reicht eine Gewinnbeteiligung?
Ich finde nein. Das ist nur der erste Schritt. Der echte Brückenschlag zwischen Kapital und Arbeit besteht doch erst in einer echten Kapitalbeteiligung der Mitarbeiter am Unternehmen. Auch das ist in unserem Unternehmen allen Mitarbeitern möglich. Aufgabe der Gewerkschaften müsste es sein, dass dies zwingender Standard wird. Und zwar überall dort, wo die Kraft und Macht der Gewerkschaft auch nur annähernd ausreicht. Das ist kein Aufruf zum Kommunismus. Das ist die denkbar intelligenteste Form von Kapitalismus für alle und geht über das Denkvermögen der sozialen Marktwirtschaft weit hinaus.
Kapitalbeteiligungen sorgen für Passiveinkommen und Bindung.
Genau daran sollte Arbeitgebern wie Arbeitnehmern und deshalb nicht zuletzt der Gewerkschaft gelegen sein. Je höher das Passiveinkommen, umso weniger Labour-Arbeitsverhältnisse wird es geben, die Menschen nur aus Not oder für marktverzerrend hohe Gehälter annehmen. Welchen Nutzen hat es für die Gesellschaft, wenn Kapital sich bei immer weniger Menschen zu immer größeren Türmen – wir nennen das so gerne “die Superreichen” – auftürmt? Welchen unvorstellbar viel größeren Nutzen hätte es, wenn immer größere Teile der Gesellschaft wirtschaftliche Sicherheit und Freiheit durch wachsende Passiveinkommen aus genau dem Unternehmen erreichen, für das sie Zeit, Tatkraft und Emotionen investieren?
Wer braucht dann noch Gewerkschaften?
Am Ende keiner. Und das ist für mich das anzustrebende Ziel. Die Gewerkschaft schafft sich ab. Das ist keine Welt in der Gewerkschaften aus dem Weg geräumt wurden, sondern eine Welt, die Gewerkschaften schlicht nicht mehr braucht, weil wir die Einheit aus Kapital und Arbeit erreicht haben. Aber erscheint es ernsthaft erreichbar, dass eine Organisation allem Selbsterhaltungstrieb zum Trotz ihre eigene Überflüssigkeit und schließlich Auflösung auf der Agenda hat?
Deshalb kann die Gewerkschaft sich nicht abschaffen.
Nein. Keine Chance. Die Gewerkschaft schafft sich nicht ab. Wer will es ihr verdenken. Hier braucht es, so merkwürdig wie es klingen mag, den Schulterschluss zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern. Noch schneller geht es, wenn die Arbeitgeber sich fest vornehmen die Gewerkschaften dadurch abzuschaffen, dass sie diese überflüssig machen. Nicht nur durch Gewinn- und besser noch Kapitalbeteiligung. Durch Arbeitsplätze, die dem Gesundheits- und Arbeitsschutz nicht nur genügen, sondern neue Maßstäbe setzen, durch Wertschätzung und Augenhöhe, durch die Abschaffung von bedürfnisstörenden, hin zu bedürfnisbefriedigenden Arbeitsplätzen können wir Arbeitgeber den Gewerkschaften jede Existenzgrundlage entziehen.
Wer schafft die Gewerkschaft ab?
Gut vorstellbar, dass das die Gewerkschaften nicht mal stört…
Und? Wie siehst du das? Fühle dich gerne eingeladen auf LinkedIn, Facebook, Instagram und TikTok unter den Posts zu diesem Blogartikel mit mir zu diskutieren. Wir brauchen den gesellschaftlichen Diskurs über genau diese Fragen, wenn wir eine bessere Welt schaffen wollen.
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