Murat ist frustriert!
Die Weihnachtstage und der Jahreswechsel unter Coronabedingungen haben ihm nicht gutgetan. Als Muslim ist ihm Jesu Geburtstag natürlich nicht so wichtig, aber die Tage daheim haben ihm viel Zeit zum Nachdenken gebracht. Der erzwungene Abstand vom Alltagstrott hat ihn nochmal ganz anders auf seine Arbeit und seinen Arbeitgeber blicken lassen. Diese tägliche Strecke zur Arbeit nervt ihn schon lange. Die Phasen der Kurzarbeit haben ein tiefes Loch in seine Haushaltskasse gerissen. Plötzlich wiegt dieses Gefühl nur eine Nummer zu sein, nicht zu zählen und hilflos ertragen zu müssen, was “die da oben” so entscheiden –
Murat ist einfach nur noch erschöpft davon.
Vor 5 Minuten ist er auf Facebook auf etwas Merkwürdiges gestoßen. In einem Video steht ein Chef in seiner Werkhalle und erzählt was von “wir bewerben uns bei dir”. Das klingt für Murat so ungewöhnlich, dass er auf den Link dazu klickt. Natürlich ist das nicht ganz zufällig, dass er dieses Video angezeigt bekommt. Das macht Facebook schon schlau, denn dessen Algorithmen haben ja mitgekriegt, dass er sich halb bewusst, halb unbewusst nach einem neuen Job umsieht. Nun gibt er auf der Seite des Unternehmens seinen Namen und seine E-Mail-Adresse ein. “Ist das jetzt irgendwie Fake, oder so ein Phishing-Kram?” denkt Murat bei sich. Ihn wundert, dass nur diese zwei Felder Pflichtfelder sind. Als optional sind die Felder Telefonnummer, “Wer bist du?” und das mögliche Eintrittsdatum gekennzeichnet. Murat verzichtet darauf hier etwas einzugeben.
Jetzt will Murat es wissen.
Geht das wirklich so einfach? Das ist bestimmt nur ein Lockangebot und als Nächstes kommt eine Mail mit “Bitte schicken Sie uns Ihre aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen.”, oder so. Murat klickt auf JETZT ANFORDERN. Einen Augenblick später signalisiert ihm sein Smartphone eine neue Nachricht. “War so klar.” denkt Murat bei sich und öffnet die Mail.
“Moin Murat Yilmaz! Anhängend erhältst du unsere Bewerbungsunterlagen…”. Seine Augen werden groß als er sieht, dass die Mail direkt von dem Typen vom Video kommt, also dem Chef der Firma. Der lockere Ton spricht ihn an. Dann steht da noch “Ich wünsche viel Spaß bei der Lektüre und freue mich auf Deine Kontaktaufnahme. Ruf mich einfach an, dann können wir offene Fragen und das weitere Vorgehen ganz direkt besprechen.” Er öffnet die angehängte PDF-Datei. Es folgt ein Anschreiben, ein Lebenslauf, Schulzeugnis und sogar – ja wie soll Murat des jetzt nennen? – Arbeitnehmerzeugnisse. Eine richtige Bewerbung, so wie Murat diese als Arbeitnehmer auch schon zusammengestellt hat; nur eben komplett umgedreht.
Murat muss schmunzeln.
Im Lebenslauf entdeckt er “2021: Erweiterung unseres Teams durch Murat Yilmaz.”. Ihm gefällt was er liest. Er kann noch nicht alles glauben, aber wenn nur die Hälfte stimmt, soll das sein neuer Arbeitgeber werden. Neues Jahr, neues Glück denkt sich Murat. Aber wie geht es jetzt weiter? Achja, anrufen soll er. Das macht Murat dann auch. Am Ende dieses sehr netten und total lockeren Telefonates verabreden sich Murat und Gunnar Barghorn, der Chef der Firma Barghorn, für ein persönliches Kennenlernen. Auf seine Frage, ob er zum Treffen seine Bewerbung mitbringen soll, meinte Gunnar nur: “Nö. Ich bewerbe mich ja bei dir und nicht umgekehrt.”
Bei der Firma Barghorn angekommen, wird Murat herzlich begrüßt. Gunnar erklärt ihm ausführlich die Firma, welche Besonderheiten diese für ihre Mitarbeiter bietet und zeigt ihm alles. Zum Schluss muss Murat staunen. Nein, Gunnar wird nicht darüber entscheiden, ob er dort anfangen kann und auch nicht welches Gehalt sie ihm anbieten können. “Das entscheidet sich während einer Woche Probearbeiten durch deine zukünftigen Kollegen. Die können das viel besser einschätzen als ich.” meint Gunnar nur.
Jetzt endgültig findet Murat diese Firma sehr besonders
und möchte unbedingt dort anfangen. Er entscheidet sich direkt eine Woche seiner Zeit zum Probearbeiten zu investieren. Gunnar hat noch erklärt, dass dies ja nicht nur für die Firma wichtig sei. Auch er bekäme so die Möglichkeit alles genau kennenzulernen, bevor er seinen bestehenden Arbeitsplatz aufgeben müsse. Das leuchtet Murat ein. Die Woche Probearbeiten lief dann ziemlich normal. Murat ist nur sofort aufgefallen, dass die Menschen bei Barghorn ganz anders, viel offener und freundlich miteinander umgehen, als er das von seiner bisherigen Firma kannte. Am Dienstag kam die Personalleiterin zu ihm und bat Murat darum seinen Gesellenbrief und andere Bescheinigungen mitzubringen. Mittwochmittag hatte sie diese kopiert und ihm die Originale zurückgegeben. Seine Frage, ob er denn auch noch eine Bewerbung mit Lebenslauf und so schreiben soll, hat sie mit einem breiten Grinsen verneint. “Wozu denn?”, hat sie nur gefragt. Am Donnerstag dann steht die Personalleiterin plötzlich wieder vor ihm und bittet ihn in sein Büro zu begleiten. Murat denkt schon, dass es das jetzt mit der Probearbeit war und er sich so schlecht angestellt hat, dass er hier und jetzt den Laufpass kriegt. Schließlich sollte die Probearbeit ja bis morgen gehen.
Murat ist reichlich nervös, als es nach oben ins Büro geht.
Dann aber liegt dort eine üppig gefüllte Mappe mit seinem Namen darauf. Die Personalleiterin erklärt ihm, dass darin sein Arbeitsvertrag und reichlich weitere Informationen sind. “Bevor du fragst, dieser Vertrag ist unser Angebot an dich. Du hast bei deinen zukünftigen Kollegen einen tollen Eindruck hinterlassen und wir können dir eine Entgeltgruppe höher anbieten, als wir ursprünglich gedacht haben. Deshalb war es auch nicht nötig den morgigen Tag noch abzuwarten. Ich erkläre dir jetzt in Ruhe den Inhalt der Mappe und dann kannst du alles mitnehmen und dich in Ruhe entscheiden.”, klärt ihn die Personalleiterin auf. Vor lauter Freude weiß Murat gar nicht wie ihm geschieht. Die Menge an Informationen ist dann auch etwas viel für ihn. Aber er kann es ja mitnehmen und in Ruhe nochmal durchlesen. Das macht er dann auch und bringt den Vertrag schon am nächsten Tag unterschrieben zurück.
Murat ist sehr zufrieden und freut sich auf seinen ersten Arbeitstag.
Wie cool das alles war, erinnert er sich. Kein Anschreiben aus den Fingern saugen, wo ihm das Schriftliche schon immer schwer gefallen ist. Keinen Lebenslauf zusammenstellen und sich vor allem keinen Kopf darüber machen müssen wie man sich nun bestmöglich verkauft. Nein, die ganze Zeit hat sich das wirklich so angefühlt, dass die Firma sich bei ihm bewirbt und er sich auf Augenhöhe bewegen kann.
Ungläubig schaut er sich noch einmal das Video aus der Woche nach Neujahr an (s. unten). Morgen ist der 1. Februar, sein erster Arbeitstag bei Barghorn. Er kann es kaum glauben wie unkompliziert, wie schnell und wie offen und freundlich das alles ging. “Eine Sache”, denkt er, “kann ich noch tun” und sendet den Link zur umgedrehten Bewerbung drei seiner Freunde. Wie cool das wäre, wenn die auch bei Barghorn anfangen könnten.
Einfach nur eine gute Geschichte, oder ist alles genauso passiert?
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